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Desktop Publishing Programme für umfangreiche und strukturierte Dokumente

Irmgard Husinsky

Zur Erstellung von umfangreichen Berichten (wissenschaftliche Publikationen, technische Dokumentationen, Bücher) von mehreren Hundert Seiten mit vorwiegend strukturiertem Text und vielen integrierten Tabellen und Grafiken kann sich der Einsatz eines DTP (Desktop Publishing)-Programmes lohnen. Hier werden die in der Campussoftware für TU-Institute zu günstigen Preisen erhältlichen DTP-Programme für Windows vorgestellt, vor allem in der Hinsicht, wie sie die Strukturen großer Dokumente unterstützen und wie sie bereits mit XML-Daten umgehen können.

Bei der computerunterstützten Dokumentenerstellung unterscheidet man

Für beide Arbeitsweisen können so genannte Desktop Publishing Programme eingesetzt werden. Sie kommen der häufigsten Anforderung in der Praxis nach hoher Flexibilität bei der Kombination von strukturiertem und seitenorientiertem, kreativem Arbeiten entgegen. Im Folgenden wird untersucht, wie DTP-Programme die Erstellung von umfangreichen und/oder strukturierten Dokumenten unterstützen.

Strukturierte Dokumente

Strukturierte Dokumente enthalten Metainformationen über die einzelnen (Text-)Bestandteile, die durch das Layout dargestellt werden können (Überschriften, Zitate, Fußnoten, etc.). Im Idealfall sind Inhalt und Struktur streng getrennt. Beim Layouten werden den einzelnen Elementen (Textabsätzen, Tabellen, Text- und Bild-Rahmen, etc.) Formate (Stile, Tags) zugewiesen. Wiederkehrenden Elementen derselben Struktur weist man den selben Stil zu.

Beispiele für strukturierte Dokumente:

Einsatz eines DTP-Programms

Das Werkzeug erster Wahl für strukturierte Dokumente  ist für viele sicher das Satzsystem LaTeX, das vor allem durch seine Stabilität und die Schönheit des Layouts (besonders im Zusammenhang mit mathematischen Formeln) besticht. Wer LaTeX nicht lernen möchte, kann Scientific Word bzw. Scientific WorkPlace verwenden (siehe dazu auch den Kommentar in dieser ZIDline).

Bei Textverarbeitungsprogrammen muss man - sobald der Anteil an Bildern hoch und das Dokument sehr umfangreich ist - mit einem Verlust an Stabilität rechnen. So erreicht z. B. Microsoft Word beim Aufzählen der Funktionen zwar einen Spitzenplatz in einer Vergleichstabelle, wenn lediglich Funktionen ohne Praxistest gegenübergestellt werden. Bei der Erstellung und Pflege von größeren, strukturierten Dokumenten mit vielen Text- Bild-Kombinationen stößt man jedoch bald an Grenzen. Auch darf man bei Textverarbeitungsprogrammen keine hohen Ansprüche an Typografie und Grafik stellen oder einen professionellen Vierfarbdruck vorbereiten wollen (MS Word arbeitet mit RGB-Farben).

In den letzten Jahren sind immer mehr DTP-Funktionen in die Textverarbeitungsprogramme integriert worden und umgekehrt viele Textfunktionen in die DTP-Programme. Letztere bieten vor allem mehr Kontrolle über Positionierung und Formatierung (punktgenaues Positionieren von Bildern und Texten möglich), sowie komfortable Kombination vieler verschiedener Files (Texte und Bilder) in einem Dokument. Weiters können DTP-Programme Farbseparieren (für den professionellen Vierfarbdruck), sie verwenden Musterseiten und sie bieten zusätzliche wichtige typografische Einstellmöglichkeiten.

Obwohl DTP-Programme Texteditorfunktionen haben, ist es empfehlenswert (und schneller), die Rohtexte in einem Editor zu erstellen. Bilder und Grafiken sollten in entsprechenden Grafikprogrammen vorbereitet werden. DTP-Programme können alle Text- (außer TeX) und Bild-Formate importieren. Sie werden dann in das Dokument eingebettet oder extern verlinkt. Dann wird das Layout gemacht, wobei volle Unterstützung für Modifikationen an Text und Bildern vorhanden ist. Die Aufteilung längerer Dokumente in Teildokumente (Kapitel) ist vorteilhaft bzw. die Verwendung der Buchfunktion. Man erhält ein elektronisches Gesamt-Dokument in einem proprietären Format, das Produkt steht also am Ende Produktionskette, das Originaldokument kann von keiner anderen Anwendung verarbeitet werden.

Eine gewisse Einarbeitungszeit in die Bedienung eines DTP-Programms ist erforderlich - dafür erhält man erweiterte Funktionalität und die Möglichkeit für professionelles Publishing. Die verschiedenen Tools haben jeweils ihre Vor- und Nachteile für verschiedene Anwendungen. Und alle Werkzeuge haben Bugs, mit denen man leben muss.

DTP-Programme aus der Campussoftware

Die Abteilung Standardsoftware des ZID stellt im Rahmen der Campussoftware auch DTP-Programm-Lizenzen zu günstigen Preisen den Institutsangehörigen der TU Wien zur Verfügung: Zur Auswahl stehen Adobe InDesign, Adobe FrameMaker, Adobe PageMaker und Corel Ventura, zum Teil für mehrere Plattformen und Sprachen.

Im Folgenden werden die DTP-Programme aus der Campussoftware kurz charakterisiert und auf ihre Eignung für das Erstellen strukturierter Dokumente untersucht.

Corel Ventura 10

Ventura war das erste DTP-Programm für den PC. Es beeindruckt durch seine Funktionsvielfalt. Strukturiertes Arbeiten wird u.a. durch vielfältige Formatvorlagen (Stile, für Seiten, Rahmen, Absätze, Zeichen und Linien) unterstützt. Ventura ist besonders konsequent in der Anwendung von Stilen.

Die Benutzeroberfläche ist ähnlich wie in Corel Draw, das User-Interface ist anpassbar (bis hin zu selbst definierten Icons und transparenten Pull-Down Menüs). Angenehm beim Arbeiten ist der kontext-sensitive (modeless) Cursor.

Ein so genannter Database Publisher dient zum Publizieren von Datenbank-Inhalten.

Ich verwende Ventura seit 1989 (Version 1) zur Erstellung von Zeitschriften, sowie überhaupt für alles, was gedruckt werden soll, von Visitenkarten, allen Arten von Berichten, bis zu großformatigen Plakaten. Es gibt eine kleine, feine User-Gemeinde. Rasche Hilfe ist in den Newsgroups zu bekommen.

Adobe InDesign 2

InDesign ist ein von Adobe neu entwickeltes DTP Programm mit hervorragenden Typografiefähigkeiten und viel Grafikpower. Optischer Randausgleich und eine über mehrere Zeilen vorausschauende Silbentrennung machen ein sehr gleichmäßiges Textbild. Jedoch unterstützt die momentane Version keine Fußzeilen, automatischen Nummerierungen oder Querverweise.

InDesign arbeitet in enger Integration mit anderen Adobe-Produkten, die Benutzeroberfläche wird Photo- shop-Anwendern bekannt vorkommen.

Adobe FrameMaker 7

FrameMaker ist schon viele Jahre Standard für technische Dokumentationen, unterstützt SGML und läuft auch unter Unix. FrameMaker unterstützt alle Arten von Automatisierungen für umfangreiche Dokumente und ist stabil in der Performance.

Die Benutzeroberfläche ist jedoch etwas gewöhnungsbedürftig, um nicht zu sagen antiquiert.

Adobe PageMaker 7

PageMaker hat DTP sozusagen erfunden und das "Seiten-Machen" durch Zusammenkleben von Text und Bildern auf dem Bildschirm ermöglicht. Für strukturierte Dokumente bietet das Programm jedoch weniger Unterstützung.

Microsoft Publisher

Mit Publisher lassen sich rasch Business-Dokumente oder Party-Einladungen erstellen. Die hier geforderte Unterstützung für umfangreiche technische Dokumentationen ist nicht gegeben.

DTP-Programme in der Campussoftware
Produkt Version/Sprache Plattform Einstiegspreis
Euro
Wartung/Quartal
Euro
Adobe InDesign 2, dt., engl. Windows 98/Me/NT/2000/XP, Mac OS 27.25 5.45
Adobe FrameMaker 7, dt., engl. Windows 98/Me/NT/2000/XP, Mac OS, Mac OS X
AIX, HP-UX, Solaris
22.67
54.40
4.51
10.90
Adobe PageMaker 7, dt., engl. Windows 98/Me/NT/2000/XP, Mac OS 27.25 5.45
Corel Ventura 8, dt. Windows 95/98/Me/NT/2000/XP 20.- 4.-
10, engl. Windows 2000/XP
MS Publisher 2002 Windows 9x/NT/2000/XP 18.17 3.63
Scientific WorkPlace 4.1, dt., engl. Windows 95/98/Me/NT/2000/XP 109.01 10.90

Anforderungen an das DTP-Programm

Neben dem Import von Texten und Bildern aller möglichen Formate sollen folgende Funktionen für strukturierte Dokumente unterstützt werden:

Die Tabelle zeigt die Funktionsvielfalt der besprochenen Programme. Der Funktionsumfang bezieht sich auf die jeweilige Campuslizenz. Einige Funktionen sind auch mit Plug-Ins zu bewerkstelligen, z. B. wird in der Campussoftware auch MathType angeboten. MathType ist ein interaktives Zusatzprogramm, mit dem mathematische Ausdrücke auch in Textverarbeitungs- und DTP-Dokumenten erzeugt werden können.

  Corel Ventura 10 InDesign 2 FrameMaker 7 PageMaker 7
Inhaltsverzeichnis ü ü ü ü
automat. Nummerierung Absätze ü û ü û
Index ü ü ü ü
Fußnoten/Endnoten ü û ü û
Querverweise ü û ü û
Tabellen ü ü ü û
Formeln, Gleichungen ü û ü û
Scripting ü ü ü ü
XML ü (Import) ü ü û

Checkliste Funktionen für strukturierte Dokumente.
Der Funktionsumfang bezieht sich auf die Campuslizenz. Einiges ist mit Plug-Ins zu bewerkstelligen (z.B. MathType für Formeln)

Ich habe sehr gute Erfahrungen mit Ventura gemacht. Längere Texte lassen sich durch konsequentes Verwenden von Formatvorlagen (Stilen) sauber und schnell formatieren. In den Text eingebundene Bilder werden an der entsprechenden Stelle verankert und fließen so mit dem Text immer mit. Fixe Seitenelemente kommen auf die Musterseite. So formatiert sich das gesamte Dokument bei jeder Textänderung automatisch richtig neu, was besonders bei umfangreichen Dokumenten von Vorteil ist.

Auch die Montage von camera-ready PDF-Beiträgen zu einem Gesamtdokument (z.B. Tagungsband) ist leicht möglich. Die fertigen Einzelbeiträge werden seitenweise als EPS-Files (über Acrobat erzeugt) wie Bilder in das Ventura Dokument eingebunden. Dann lassen sich automatisierte Aktionen, wie z.B. Fußzeilen mit Seitennummern, Inhaltsverzeichnis und Index vornehmen.

Publishing von XML-Daten

XML (eXtensible Markup Language) ist eine Auszeichnungssprache, die erlaubt, Daten mit Markierungen (Tags) zu versehen und dadurch ihre logische Bedeutung zu definieren. XML Daten enthalten strukturierte Inhalte, auf die sich beliebige Formatierungen automatisch anwenden lassen.

Je mehr Applikationen XML unterstützen, desto leichter wird der Datenaustausch werden. XML hat sicher Zukunft auch im Publishing, vor allem in Hinblick auf die Verwendung derselben Daten für verschiedenen Medien (Stichwort Cross Media Publishing: Einsatz von XML-Daten als neutrale Datenquelle für alle Teilnehmer an einem Workflow).

Die neuen Versionen der DTP-Programme haben sich mit diesem Thema bereits auseinander gesetzt: InDesign 2 erlaubt Import, Bearbeitung und Export von XML-Daten. FrameMaker hat einen "structured" Mode: eine vollständig strukturierte Umgebung, die für die Erstellung und Bearbeitung gültiger XML-Dokumente optimiert wurde.

Beispiel Cross Media Publishing

Corel Ventura erlaubt in der Version 10 den Import von XML-Files. Anhand eines Beispiels sei ein einfacher Cross Media Workflow demonstriert:

Das Mitteilungsblatt des ZID enthält eine Reihe von aktuellen Mitteilungen, die in bestimmten Zeiträumen gesammelt publiziert werden, sowohl in Papierform als auch  im Web (www.zid.tuwien.ac.at/mitteilungsblatt/). Die Daten lassen sich leicht strukturieren: jede Mitteilung (Message) besteht aus Überschrift (Header), Datum, Autor und einem Text. Innerhalb des Message-Textes können noch weitere Strukturen, wie z. B. eine Tabelle auftreten.

Die Daten müssen nun entsprechend strukturiert und markiert vorliegen, also z. B.:
 

<Message>
 <Header>Titel der Mitteilung</Header>
 <Author>
   <Date>Datum</Date>
   <Name>Vorname Nachname</Name>
   <Email>E-Mail Adresse</Email>
 </Author>
 <Text>Text der Mitteilung ... </Text>
</Message> 

Hat man die Struktur definiert, sind noch folgende Vorbereitungen zu machen: 


xml

Cross Media Workflow mit XML-Daten und Corel Ventura

Beim Import des XML-Files in das Ventura Dokument werden nun alle Elemente entsprechend automatisch formatiert. Das XML-File ist nur verlinkt und in Ventura nicht editierbar. Will man noch nachbearbeiten, so kann man das File einbetten und noch Feinheiten am Layout vornehmen, die die automatische Formatierung nicht abdeckt.

Bei der Produktion eines neuen Mitteilungsblattes müssen nun nur die neuen Daten (Mitteilungen) in XML entsprechend vorliegen oder vorbereitet werden. Das Publishing für Web und Druck funktioniert dann wie "auf Knopfdruck".

Die Schönheit der Typografie

Zum Schluss ein kleiner Exkurs in die Welt der Typografie. Ziel der Produktion wird ein optisch ansprechendes Dokument sein - der Text soll leicht lesbar sein und ohne hässliche Lücken fließen. Da spielt der Abstand zwischen den Zeichen und Wörtern eine Rolle.

DTP Programme erlauben dem Benutzer eine Reihe von mikrotypografischen Einstellungen: so können z.B. (in Corel Ventura) sogar Punktgröße und Versatz von Hoch/Tiefstellungen und die Linieneinstellung der Unterstreichung verändert werden. Man kann da als Laie auch viel anstellen und die Optik verpatzen. Meist genügt es, die Voreinstellungen des Programms unverändert zu lassen.

Das angenehme Schriftbild von mit TeX gesetzten Texten ist bekannt. InDesign geht hier noch weiter und setzt neue Maßstäbe betreffend Typografie im DTP-Bereich:

Zusammenfassung

Die große Produktpalette der Campussoftware enthält die meisten wichtigen, auf dem Markt befindlichen Desktop Publishing Programme, außer QuarkXpress. Lizenzen sind für Institutsangehörige der TU Wien zu günstigen Preisen erhältlich.

Wenn es darum geht, einen umfangreichen, gut strukturierten Text, eine technische Dokumentation, für den Druck vorzubereiten, ist der Einsatz eines DTP-Programms überlegenswert. Je nachdem, welche Funktionen man benötigt oder welche Benutzeroberfläche man gewohnt ist, kann man zwischen den Produkten wählen. Die Weiterentwicklung von Ventura, FrameMaker und PageMaker gerät von Firmenseite immer wieder ins Stocken, InDesign sind sicher die besten Zukunftsaussichten beschieden.

Wer sich mit dem Publishing von XML-Daten beschäftigt, findet bei den DTP-Programmen zunehmend Unterstützung.

Links

Campussoftware der TU Wien: sts.tuwien.ac.at/css/

Corel Ventura: www.corel.com
FAQs und Tipps: www.draw.nu/venturafaq/, www.klartext-verlag.de/ventura/, vpub.publish-net.de
Newsgroups: corel.graphic_apps.ventura8, corel.graphic_apps.ventura10

Adobe Produkte: www.adobe.com

MS Publisher 2002: www.microsoft.com/office/publisher/default.asp



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