TU Wien | ZID | ZIDline 8 | DTP-Programme für umfangreiche und strukturierte Dokumente
Irmgard Husinsky
Zur Erstellung von umfangreichen Berichten (wissenschaftliche Publikationen, technische Dokumentationen, Bücher) von mehreren Hundert Seiten mit vorwiegend strukturiertem Text und vielen integrierten Tabellen und Grafiken kann sich der Einsatz eines DTP (Desktop Publishing)-Programmes lohnen. Hier werden die in der Campussoftware für TU-Institute zu günstigen Preisen erhältlichen DTP-Programme für Windows vorgestellt, vor allem in der Hinsicht, wie sie die Strukturen großer Dokumente unterstützen und wie sie bereits mit XML-Daten umgehen können.
Bei der computerunterstützten Dokumentenerstellung unterscheidet man
Beispiele für strukturierte Dokumente:
Bei Textverarbeitungsprogrammen muss man - sobald der Anteil an Bildern hoch und das Dokument sehr umfangreich ist - mit einem Verlust an Stabilität rechnen. So erreicht z. B. Microsoft Word beim Aufzählen der Funktionen zwar einen Spitzenplatz in einer Vergleichstabelle, wenn lediglich Funktionen ohne Praxistest gegenübergestellt werden. Bei der Erstellung und Pflege von größeren, strukturierten Dokumenten mit vielen Text- Bild-Kombinationen stößt man jedoch bald an Grenzen. Auch darf man bei Textverarbeitungsprogrammen keine hohen Ansprüche an Typografie und Grafik stellen oder einen professionellen Vierfarbdruck vorbereiten wollen (MS Word arbeitet mit RGB-Farben).
In den letzten Jahren sind immer mehr DTP-Funktionen in die Textverarbeitungsprogramme integriert worden und umgekehrt viele Textfunktionen in die DTP-Programme. Letztere bieten vor allem mehr Kontrolle über Positionierung und Formatierung (punktgenaues Positionieren von Bildern und Texten möglich), sowie komfortable Kombination vieler verschiedener Files (Texte und Bilder) in einem Dokument. Weiters können DTP-Programme Farbseparieren (für den professionellen Vierfarbdruck), sie verwenden Musterseiten und sie bieten zusätzliche wichtige typografische Einstellmöglichkeiten.
Obwohl DTP-Programme Texteditorfunktionen haben, ist es empfehlenswert (und schneller), die Rohtexte in einem Editor zu erstellen. Bilder und Grafiken sollten in entsprechenden Grafikprogrammen vorbereitet werden. DTP-Programme können alle Text- (außer TeX) und Bild-Formate importieren. Sie werden dann in das Dokument eingebettet oder extern verlinkt. Dann wird das Layout gemacht, wobei volle Unterstützung für Modifikationen an Text und Bildern vorhanden ist. Die Aufteilung längerer Dokumente in Teildokumente (Kapitel) ist vorteilhaft bzw. die Verwendung der Buchfunktion. Man erhält ein elektronisches Gesamt-Dokument in einem proprietären Format, das Produkt steht also am Ende Produktionskette, das Originaldokument kann von keiner anderen Anwendung verarbeitet werden.
Eine gewisse Einarbeitungszeit in die Bedienung eines DTP-Programms ist erforderlich - dafür erhält man erweiterte Funktionalität und die Möglichkeit für professionelles Publishing. Die verschiedenen Tools haben jeweils ihre Vor- und Nachteile für verschiedene Anwendungen. Und alle Werkzeuge haben Bugs, mit denen man leben muss.
Im Folgenden werden die DTP-Programme aus der Campussoftware kurz charakterisiert und auf ihre Eignung für das Erstellen strukturierter Dokumente untersucht.
Ventura war das erste DTP-Programm für den PC. Es beeindruckt durch seine Funktionsvielfalt. Strukturiertes Arbeiten wird u.a. durch vielfältige Formatvorlagen (Stile, für Seiten, Rahmen, Absätze, Zeichen und Linien) unterstützt. Ventura ist besonders konsequent in der Anwendung von Stilen.
Die Benutzeroberfläche ist ähnlich wie in Corel Draw, das User-Interface ist anpassbar (bis hin zu selbst definierten Icons und transparenten Pull-Down Menüs). Angenehm beim Arbeiten ist der kontext-sensitive (modeless) Cursor.
Ein so genannter Database Publisher dient zum Publizieren von Datenbank-Inhalten.
Ich verwende Ventura seit 1989 (Version 1) zur Erstellung von Zeitschriften, sowie überhaupt für alles, was gedruckt werden soll, von Visitenkarten, allen Arten von Berichten, bis zu großformatigen Plakaten. Es gibt eine kleine, feine User-Gemeinde. Rasche Hilfe ist in den Newsgroups zu bekommen.
InDesign arbeitet in enger Integration mit anderen Adobe-Produkten, die Benutzeroberfläche wird Photo- shop-Anwendern bekannt vorkommen.
FrameMaker ist schon viele Jahre Standard für technische Dokumentationen, unterstützt SGML und läuft auch unter Unix. FrameMaker unterstützt alle Arten von Automatisierungen für umfangreiche Dokumente und ist stabil in der Performance.
Die Benutzeroberfläche ist jedoch etwas gewöhnungsbedürftig, um nicht zu sagen antiquiert.
DTP-Programme in der Campussoftware |
Produkt | Version/Sprache | Plattform |
Einstiegspreis Euro |
Wartung/Quartal Euro |
Adobe InDesign | 2, dt., engl. | Windows 98/Me/NT/2000/XP, Mac OS | 27.25 | 5.45 |
Adobe FrameMaker | 7, dt., engl. |
Windows 98/Me/NT/2000/XP, Mac OS, Mac OS X AIX, HP-UX, Solaris |
22.67 54.40 |
4.51 10.90 |
Adobe PageMaker | 7, dt., engl. | Windows 98/Me/NT/2000/XP, Mac OS | 27.25 | 5.45 |
Corel Ventura | 8, dt. | Windows 95/98/Me/NT/2000/XP | 20.- | 4.- |
10, engl. | Windows 2000/XP | |||
MS Publisher | 2002 | Windows 9x/NT/2000/XP | 18.17 | 3.63 |
Scientific WorkPlace | 4.1, dt., engl. | Windows 95/98/Me/NT/2000/XP | 109.01 | 10.90 |
Corel Ventura 10 | InDesign 2 | FrameMaker 7 | PageMaker 7 | |
Inhaltsverzeichnis | ü | ü | ü | ü |
automat. Nummerierung Absätze | ü | û | ü | û |
Index | ü | ü | ü | ü |
Fußnoten/Endnoten | ü | û | ü | û |
Querverweise | ü | û | ü | û |
Tabellen | ü | ü | ü | û |
Formeln, Gleichungen | ü | û | ü | û |
Scripting | ü | ü | ü | ü |
XML | ü (Import) | ü | ü | û |
Checkliste Funktionen für strukturierte Dokumente.
Der Funktionsumfang bezieht
sich auf die Campuslizenz.
Einiges ist mit Plug-Ins zu bewerkstelligen (z.B.
MathType für Formeln)
Ich habe sehr gute Erfahrungen mit Ventura gemacht. Längere Texte lassen sich durch konsequentes Verwenden von Formatvorlagen (Stilen) sauber und schnell formatieren. In den Text eingebundene Bilder werden an der entsprechenden Stelle verankert und fließen so mit dem Text immer mit. Fixe Seitenelemente kommen auf die Musterseite. So formatiert sich das gesamte Dokument bei jeder Textänderung automatisch richtig neu, was besonders bei umfangreichen Dokumenten von Vorteil ist.
Auch die Montage von camera-ready PDF-Beiträgen zu einem Gesamtdokument (z.B. Tagungsband) ist leicht möglich. Die fertigen Einzelbeiträge werden seitenweise als EPS-Files (über Acrobat erzeugt) wie Bilder in das Ventura Dokument eingebunden. Dann lassen sich automatisierte Aktionen, wie z.B. Fußzeilen mit Seitennummern, Inhaltsverzeichnis und Index vornehmen.
XML (eXtensible Markup Language) ist eine Auszeichnungssprache, die erlaubt, Daten mit Markierungen (Tags) zu versehen und dadurch ihre logische Bedeutung zu definieren. XML Daten enthalten strukturierte Inhalte, auf die sich beliebige Formatierungen automatisch anwenden lassen.
Je mehr Applikationen XML unterstützen, desto leichter wird der Datenaustausch werden. XML hat sicher Zukunft auch im Publishing, vor allem in Hinblick auf die Verwendung derselben Daten für verschiedenen Medien (Stichwort Cross Media Publishing: Einsatz von XML-Daten als neutrale Datenquelle für alle Teilnehmer an einem Workflow).
Die neuen Versionen der DTP-Programme haben sich mit diesem Thema bereits auseinander gesetzt: InDesign 2 erlaubt Import, Bearbeitung und Export von XML-Daten. FrameMaker hat einen "structured" Mode: eine vollständig strukturierte Umgebung, die für die Erstellung und Bearbeitung gültiger XML-Dokumente optimiert wurde.
Corel Ventura erlaubt in der Version 10 den Import von XML-Files. Anhand eines Beispiels sei ein einfacher Cross Media Workflow demonstriert:
Das Mitteilungsblatt des ZID enthält eine Reihe von aktuellen Mitteilungen, die in bestimmten Zeiträumen gesammelt publiziert werden, sowohl in Papierform als auch im Web (www.zid.tuwien.ac.at/mitteilungsblatt/). Die Daten lassen sich leicht strukturieren: jede Mitteilung (Message) besteht aus Überschrift (Header), Datum, Autor und einem Text. Innerhalb des Message-Textes können noch weitere Strukturen, wie z. B. eine Tabelle auftreten.
Die Daten müssen nun entsprechend strukturiert und markiert vorliegen,
also z. B.:
<Message>
<Header>Titel der Mitteilung</Header>
<Author>
<Date>Datum</Date>
<Name>Vorname Nachname</Name>
<Email>E-Mail Adresse</Email>
</Author>
<Text>Text der Mitteilung ... </Text>
</Message>
Hat man die Struktur definiert, sind noch folgende Vorbereitungen zu machen:
Cross Media Workflow mit XML-Daten und Corel Ventura
Beim Import des XML-Files in das Ventura Dokument werden nun alle Elemente entsprechend automatisch formatiert. Das XML-File ist nur verlinkt und in Ventura nicht editierbar. Will man noch nachbearbeiten, so kann man das File einbetten und noch Feinheiten am Layout vornehmen, die die automatische Formatierung nicht abdeckt.
Bei der Produktion eines neuen Mitteilungsblattes müssen nun nur die neuen Daten (Mitteilungen) in XML entsprechend vorliegen oder vorbereitet werden. Das Publishing für Web und Druck funktioniert dann wie "auf Knopfdruck".
DTP Programme erlauben dem Benutzer eine Reihe von mikrotypografischen Einstellungen: so können z.B. (in Corel Ventura) sogar Punktgröße und Versatz von Hoch/Tiefstellungen und die Linieneinstellung der Unterstreichung verändert werden. Man kann da als Laie auch viel anstellen und die Optik verpatzen. Meist genügt es, die Voreinstellungen des Programms unverändert zu lassen.
Das angenehme Schriftbild von mit TeX gesetzten Texten ist bekannt. InDesign geht hier noch weiter und setzt neue Maßstäbe betreffend Typografie im DTP-Bereich:
Die große Produktpalette der Campussoftware enthält die meisten wichtigen, auf dem Markt befindlichen Desktop Publishing Programme, außer QuarkXpress. Lizenzen sind für Institutsangehörige der TU Wien zu günstigen Preisen erhältlich.
Wenn es darum geht, einen umfangreichen, gut strukturierten Text, eine technische Dokumentation, für den Druck vorzubereiten, ist der Einsatz eines DTP-Programms überlegenswert. Je nachdem, welche Funktionen man benötigt oder welche Benutzeroberfläche man gewohnt ist, kann man zwischen den Produkten wählen. Die Weiterentwicklung von Ventura, FrameMaker und PageMaker gerät von Firmenseite immer wieder ins Stocken, InDesign sind sicher die besten Zukunftsaussichten beschieden.
Wer sich mit dem Publishing von XML-Daten beschäftigt, findet bei den DTP-Programmen zunehmend Unterstützung.
Campussoftware der TU Wien: sts.tuwien.ac.at/css/
Corel Ventura:
www.corel.com
FAQs und Tipps:
www.draw.nu/venturafaq/,
www.klartext-verlag.de/ventura/,
vpub.publish-net.de
Newsgroups:
corel.graphic_apps.ventura8,
corel.graphic_apps.ventura10
Adobe Produkte: www.adobe.com
MS Publisher 2002: www.microsoft.com/office/publisher/default.asp