Das CFD-Paket FLUENT

Michael Harasek
mharasek@mail.zserv.tuwien.ac.at
Institut für Verfahrenstechnik, Brennstofftechnik und Umwelttechnik

Dem interessierten User stehen seit Inbetriebnahme des CFD-Servers (Applikationsserver Strömungsdynamik) Anfang 1998 leistungsfähige Software-Pakete zur Strömungssimulation zur Verfügung. Neben den Paketen CFX und FIDAP hat besonders FLUENT - nicht zuletzt aufgrund der Bereitstellung einer eindrucksvollen Liste verschiedener strömungsmechanischer Modelle, eines verbesserten leistungsfähigen User-Interfaces und des flexiblen Geometrie-Preprozessors GAMBIT - im letzten Jahr rasanten Zuspruch erhalten, sodass die Anzahl der Lizenzen auf mittlerweile zehn aufgestockt werden musste.

Numerische Strömungssimulation mit FLUENT

FLUENT ist ein allgemein einsetzbares Tool zur Simulation von kompressiblen und inkompressiblen, stationären und instationären Strömungen, Wärme- und Stofftransport-Phänomenen sowie chemischer Reaktionen.

Mit Hilfe der Finite-Volumen-Methode wird ähnlich einer Finite-Elemente-Berechnung das Strömungsfeld in kleine Flächen (2D) bzw. kleine Volumina (3D) zerlegt und durch Lösen der Massen-, Impuls- und Energiebilanzen, gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Turbulenz und Scherkräften bzw. chemischer Reaktionen, die Strömungsverhältnisse ermittelt. Als Grundlage dienen die Navier-Stokes-Gleichungen. Die Definition der Geometrie und die Erzeugung des Gitters erfolgt mit einem Preprozessor, etwa dem Programm GAMBIT, das CAD-ähnlich zunächst die Definition der Geometrie ermöglicht und nachfolgend die definierte Geometrie mit einem Gitter versieht. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Gittertypen, das strukturierte bzw. das unstrukturierte Gitter.

Das strukturierte Gitter besteht aus Vierecken (2D) bzw. Quadern (3D) die jeweils 4 bzw. 6 Nachbarzellen aufweisen müssen, die Information kann daher in 2- bzw. 3-dimensionalen Matrizen abgelegt werden. Probleme können sich dabei insbesondere bei komplexen Geometrien ergeben, eine Verdichtung des Gitters in kritischen Bereichen ist ohne Teilung des Strömungsfeldes nicht ohne weiteres möglich.

Das unstrukturierte Gitter besteht aus dreieckigen oder / und viereckigen Zellen (2D) bzw. Tetraedern oder / und Prismen (3D), womit eine Gitterverdichtung in sensiblen Bereichen sehr leicht möglich wird. Die einfachere und flexiblere Erzeugung unstrukturierter Gitter stellt den wesentlichen Vorteil dar. Nachteil der Rechnung mit unstrukturierten Gittern ist der höhere Rechenaufwand, der sich aus dem erhöhten Speicherplatzbedarf, aus der höheren Zahl von Zellen zur Erzielung vergleichbarer Ergebnisse mit strukturierten Gittern und aus der häufig beobachteten langsameren Konvergenz (höhere Zahl von Iterationen) ergibt.

FLUENT diskretisiert die zugrunde gelegten Differentialgleichungen in den finiten Volumina, wobei ausgehend von den Navier-Stokes-Gleichungen je nach Pro-blemstellung zur Beschreibung des Strömungsfeldes zusätzliche Differentialgleichungen bzw. zusätzliche Terme in die Berechnung mit aufgenommen werden können. FLUENT löst das Strömungsfeld iterativ, wobei zur raschen Konvergenz die Festlegung geeigneter Startbedingungen ("Patchen" des Strömungsfeldes), die Auswahl eines geeigneten Modells im Falle der Betrachtung von Turbulenz und/oder Mehrphasenströmungen, die Randbedingungen für den Ein- und Austritt der strömenden Medien und der Wand (Rauigkeit, Wärmetransport), sowie die ausgewählten Konvergenzalgorithmen und deren Parameter (Dämpfung etc.) beitragen.


FLUENT auf dem Applikationsserver Strömungsdynamik

Das Paket FLUENT steht dem User auf dem CFD-Server in mehreren Versionen zur Verfügung:

Der grafische Preprozessor GAMBIT steht ebenfalls in mehreren Versionen zu Verfügung, wobei anzumerken ist, dass die mit GAMBIT generierten Gitter in den Formaten FLUENT 4.x, 5.x und /UNS exportierbar sind (GAMBIT unterstützt auch das FIDAP-Format, sodass hier zusätzlich eine alternative zu T-GRID zur Verfügung steht):

Der CFD-Server DEC-Alpha 8400 6/525 bietet mit seinen 6 Alpha-Prozessoren 21264 und 8 GByte RAM eine leistungsfähige Umgebung zur Lösung mittlerer und großer Strömungsfelder.

Interaktives Pre- und Postprocessing unter X11 bietet aufgrund der verbesserten User-Interfaces akzeptablen Komfort. Screenshots einer FLUENT-Session - Betrachtung der Strömung in einem Membranmodul (Bild 1) - sowie das Gitteranalysewerkzeug von GAMBIT zur Überprüfung des generierten Meshes (Bild 2) illustrieren die Möglichkeiten.

FLUENT

Bild 1: Screenshot einer FLUENT 5.1-Postprocessing-Session (Strömungslinien, 3D-Shading der Wand und Druckprofil eines Membranmoduls)

GAMBIT

Bild 2: Mesh-Analyse-Werkzeug von GAMBIT 1.1

alle Befehlssequenzen können jedoch auch weiterhin in Form von Journal-Files (*.jrn für GAMBIT) bzw. Input-Files für FLUENT per Batch oder ohne X11-Interface mit telnet abgesetzt werden.

Für interaktives Arbeiten stehen pro Job maximal 2 GByte RAM zur Verfügung, damit sind - abhängig von den eingesetzten Modellen - Strömungsfelder mit etwa 1 Million Zellen ohne weiteres möglich.

Vier verschiedene Queues (NQS-Queuing; short, long, xlong und single) sind auf dem CFD-Server eingerichtet, sodass effizientes Batchprocessing möglich ist.

Vor kurzem stockte der ZID von acht auf zehn Lizenzen auf. Der Lizenzmanager stellt die Lizenzen auf First-come-first-serve Basis zur Verfügung, sodass diszipliniertes Vorgehen der User beim Job-Queuing erforderlich ist, um noch einige interaktiv nutzbare Lizenzen vor allem tagsüber bereit zu haben. Maximal vier Lizenzen können alternativ für GAMBIT genützt werden. Mit der Version FLUENT 5.0.4 wurde die Parallelisierbarkeit großer Jobs verbessert (typisch 1,5 - 1,7 fache Geschwindigkeit mit zwei Prozessoren), bei der aktuellen Version 5.1.1 sind nach bisherigen Erfahrungen auf gleiche Weise parallelisierte Jobs ebenfalls stabil - mit zum Teil besseren Benchmarks. Berechnungen von Mehrphasenströmungen (Feststoff / Fluid, Partikeltracking) laufen nach den bisherigen Erfahrungen des Autors nach der Parallelisierung instabil.

FLUENT-Anwendertreffen 1999

Das FLUENT-Anwendertreffen fand heuer von 21. bis 22. September 1999 in Viernheim (D) statt. Über 100 FLUENT-User konnten sich über aktuelle Entwicklungen und neu implementierte Features der nächsten GAMBIT, FLUENT und FIDAP Updates informieren sowie nützliche Hinweise zu Tricks und nicht dokumentierten Features aktueller Versionen erhalten. Beiträge über aktuelle FLUENT-Anwendungen von langjährigen FLUENT-Usern rundeten das Programm ab.

Die Chef-Entwickler von FLUENT informierten über folgende, neu integrierte Features in den nächsten Updates:

FLUENT 5.2 (Maintenance Release Aug. 1999)

* Verbesserung des Algebraic-Slip-Modells zur Berechnung von Partikel- bzw. Tröpfchen-beladenen Strömungen

* Executables für das Betriebssystem Linux (Redhat V6) mit guten Parallelisierungs-Benchmarks

* Fluid-Dichte als Funktion des Druckes, der Temperatur und der Zusammensetzung definierbar

* Neues ANSYS Mesh-Importfilter

FLUENT 6.0 (zweite Hälfte 2000)

* Implementierung des Eulerian-Multiphase-Modells für unstrukturierte Gitter zur Berechnung von Gas-Flüssigkeits-, Gas-Feststoff- und Flüssigkeits-Feststoff-Strömungen wie z.B. Blasensäulen, Wirbelschichten, Phasenseparatoren etc.; Anpassbarkeit mit UDFs (User-Defined Functions)

* Moving/Deforming Mesh Fähigkeit: Berechnung von Aufgabenstellungen, wo sich das Gitter zeitlich verändert (Beispiel: Ventile, Kolben etc.); Fluent 6.0 wird das sich verändernde Gitter selbst berechnen und damit im Vergleich zu bisherigen Lösungsansätzen wesentliche Verbesserungen im Bedienkomfort erreichen

* Verfügbarkeit des k-w-Turbulenzmodells

* Anpassung der Turbulenzmodelle mit UDFs (User-Defined Functions) vereinfacht

* Verbesserung der Algorithmen für die Modellierung diskreter Phasen (Berechnung von Partikelbahnen (particle tracking))

* "Liquid-Spray" Modell: zur Berechnung von z.B. Sprühnebel, Flüssigkeitsdüsen, Benzineinspritzung - Tropfenkoaleszenzmodelle

* Verbesserung der Modellierung chemischer Reaktionen in Strömungen, speziell Verbrennungsmodellierung: z. B. Kohleverbrennung, NOx-Bildung, Verbrennung in stark kompressiblen Strömungen (Raketenantriebe)

* Modellierung strömungsinduzierter Geräusch- und Lärmentwicklung

GAMBIT 1.2 (Oktober 1999)

* Geomesh Export/Import; FLUENT 4.5/5.0 Import

* Verbesserung der "Bottom-up" Features zur Geometrie-Erstellung ausgehend von Punkten, Kurven und Flächen (Schneiden von Kurven, Projektion von Kurven auf Flächen)

* Bessere Einflussmöglichkeiten bei der Mesh-Generierung (Node-Spacing von Kurven etc.); einfachere Einflussnahme auf Änderung der Gitterdichte

* Umwandlung von Gittern in die Geometrie ("Mesh-to-geometry conversion")

* Portierung für i386-Linux

GAMBIT 1.3 (Dezember 1999)

* Schwerpunkt: Gittergenerierung für CFD von Turbomaschinen: Generierung von Leitblechen; Automatisiertes "Bottom-up"-Meshing

GAMBIT 2.0 (Sommer 2000)

* Fokus: Interfaces zu CAD-Programmen (Catia, I-DEAS, Pro/E, Unigraphics/Parasolid), Daten-Import/-Export ohne Informationsverlust

* Automatische Erstellung unstrukturierter Gitter für komplexe Geometrien

* Integration von TGrid in GAMBIT


Fazit

Das Strömungssimulationspaket FLUENT und der Geometrie-Preprozessor GAMBIT ist für viele Anwendungen im Maschinenbau und der Verfahrenstechnik das derzeit leistungsfähigste CFD-Paket. Die vom ZID mit den Applikationsservern für Strömungsdynamik und für Finite Elemente bereitgestellten Hardwareplattformen stellen eine sehr gute Basis für die nächste Zukunft dar. Die rasche Weiterentwicklung der betrachteten Softwarepakete wird - nicht zuletzt aufgrund der verbesserten Handhabbarkeit, der hohen Zahl implementierter Modelle und der steigenden Zuverlässigkeit der Ergebnisse - in den nächsten Jahren zu vielen neuen CFD-Usern führen.


Referenzen

FLUENT Deutschland: http://www.fluent.de/

FLUENT und GAMBIT Dokumentation Online:
http://cfd.zserv.tuwien.ac.at/


Zum Inhaltsverzeichnis, ZIDline 2, Dezember 1999